«Monocle» eröffnet erstes Café in Zürich: Wie «Monocle»-Verleger Tyler Brûlé Zürich auffrischen will (2024)

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«Monocle» eröffnet erstes Café in Zürich

Jocelyne Iten Design

«Monocle»-Chefredaktor Tyler Brûlé dehnt seine Reichweite aus und eröffnet ein Café mit Shop im Zürcher Seefeld. Wir haben mit ihm über Zürich, Heimat und Lebensqualität gesprochen.

Der kanadische Verleger und Tausendsassa Tyler Brûlé gehört zu den einflussreichsten Innovatoren der heutigen Medienlandschaft und hat 2007 mit «Monocle», einem Magazin das Business, Design und Kultur auf hohem Niveau vereint, ein Imperium geschaffen, das weit über die Magazin-Welt hinausgeht. In gut zehn Jahren ist «Monocle» zum globalen Brand mit Büros in London, Toronto, Hongkong, Tokyo und Zürich gewachsen.

Nun eröffnet «Monocle»-Chefredaktor Tyler Brûlé, der ausserdem die Designagentur Winkreative leitet, im Zürcher Seefeld ein neues Café mit Shop und Männermode-Outlet. Zudem wird er seine Büroräumlichkeiten von der Nord- in die Dufourstrasse verlegen, dort zusätzlich täglich Live-Radio vom eigenen Kanal M24 senden und mittelfristig sein bestehendes Team auf 15 Leute erweitern. Wieso er gerade nach Zürich expandiert und was der Stadt noch fehlt, hat er im Interview verraten.

NZZ Bellevue: Herr Brûlé, warum eröffnen Sie gerade in Zürich ein neues «Monocle»-Café mit Büroräumlichkeiten?

Tyler Brûlé: Zürich war tatsächlich nicht meine erste Option. Ich liebäugelte mit Frankfurt oder München. Da wir aber seit 2002 ein Büro im Zürcher Kreis 6 besitzen, mir die Stadt immer mehr vertraut wird und wir per Zufall eine bezahlbare Räumlichkeit an der Dufourstrasse fanden, war die Sache geritzt. Ausserdem hat die Schweiz im Gegensatz zu London oder Berlin Nachholbedarf im Bereich neuer Café-Kultur.

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Was schätzen Sie an Zürich?

Zürich ist sehr geordnet, effizient, und ich kann mich darauf verlassen, dass das Tram pünktlich um 15 Uhr 46 einfährt. Im Vergleich zu London, wo bis jetzt der «Monocle»-Hauptsitz ist, schläft Zürich nie. Wenn ich will, kann ich morgens um 4 Uhr in eine Bar gehen und co*cktails trinken. Ein grosses Plus ist zudem der See. Ich finde es sehr befreiend, die Möglichkeit zu haben, an einem heissen Tag meine Badehose zu schnappen und in der Badi Utoquai in den See springen zu können.

Ihr Lieblingsrestaurant in Zürich?

Kürzlich habe ich das Restaurant «Schnupf» entdeckt. Grandios. Das Menu ist sehr reduziert, aber das Angebot erfüllt hohe Qualitätsansprüche. Die jungen Betreiber haben genau diese neue Art von Unternehmertum, die es heute – vor allem auch in Zürich – braucht.

Verglichen mit anderen internationalen Städten, was fehlt Zürich?

Die Stadt, oder die Schweiz im Allgemeinen, ist sehr privilegiert. Aber darum vielleicht auch sehr restriktiv. Etwas Neues zu schaffen, ist nicht einfach. Mein Ziel ist es, mit der neuen «Monocle»-Lokalität dazu beizutragen, dass Zürich ein Magnet für junge, internationale Talente wird. So wie es London, Berlin oder Paris bereits sind. Denn die Schweiz hat eine interessante Geschichte zu erzählen und ist bekannt für hervorragende Qualität in diversen Bereichen. Leider wird diese international noch zu wenig anerkannt.

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Woran liegt das?

Gute Frage. Jungen Startups wird es in der Schweiz nicht einfach gemacht. Ausserdem denke ich, dass der Finanzplatz Schweiz sich selbst ein bisschen im Weg steht. Viele Firmen betreiben zu wenig Öffentlichkeitsarbeit.

Was bietet das «Monocle»-Café den Kunden?

Der Ort soll Gleichgesinnte zusammenbringen. Nebst unseren «Monocle»-Produkten mit Büchern, Reiseführern, Düften, Kleidern und Accessoires haben wir auch einen Kiosk mit rund 25 Magazinen und Büchern. Der Kaffee, den wir servieren, wird lokal von Daniel und David Sanchez von Miró Coffee geröstet, die Gipfeli und das Gebäck liefert uns die Szene-Bäcker Seri.

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Sie sind mehr als 260 Tage im Jahr auf Reisen. Wo ist Ihr Zuhause?

Ich wohne seit Anfang der Neunziger in London. Lustigerweise hat sich die Stadt aber nie wie Heimat angefühlt. Ich will dort auf keinen Fall alt werden. In St. Moritz, wo ich seit 2002 eine Wohnung besitze, fühle ich mich viel wohler. Tiefenentspannung pur, wenn ich die Türen hinter mir schliesse. Die Schweiz wird immer mehr zu einem Zuhause.

Sie haben ein feines Gespür für globale Trends und Stadtleben. Welcher Ort ist gerade aufkommend?

In Asien ist es definitiv Bangkok. Die Kreativwirtschaft dort ist gross und innovativ. In Europa sehe ich grosses Potenzial in Turin. Die Stadt ist zwar ein wenig verschlafen, hat aber geniales Essen zu fairen Preisen, eine grossartige Architektur und versprüht dieses Dolce-Vita-Piemontese-Feeling. Kürzlich war ich zudem in Beirut. Diese Stadt ist, auch wenn die politische Situation sehr unstabil ist, unglaublich faszinierend. Die Leute bewegen sich sehr frei und haben eine geballte Ladung Kreativität.

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Wann ist eine Stadt für Sie lebenswert?

Eine auf mehreren Ebenen interessante Stadt braucht Ecken und Kanten. Sie muss Abenteuer möglich machen und Nostalgie versprühen. Ich finde etwa einen Shop charmant, der seit den Sechzigern gleich aussieht, weil die Familie, die ihn besitzt, kein Geld hatte, um zu renovieren. Es muss nicht immer alles poliert sein. Gerade die Schweizer haben ein ausgeprägtes Flair für ständiges Optimieren und Renovieren. Ich denke dann jeweils: Schweizer Qualität hält sowieso ewig. Ihr müsst nicht immer alles erneuern.

Diesen Sommer findet die «Monocle»-Konferenz «Quality Of Life» in Zürich statt. Was ist für Sie Lebensqualität?

Die Möglichkeit, mobil zu sein und ohne Einschränkungen schnell und effizient von A nach B zu kommen. Ein grosser Grad an Freiheit und der Zugang zu Qualitätsjournalismus ist mir enorm wichtig.

Während viele Medienhäuser vermehrt den Fokus auf Online richten und Leser über die sozialen Netzwerke erreichen möchten, setzen Sie nach wie vor primär auf klassischen Print-Journalismus. Wieso?

Als im 2009/10 die Diskussion aufkam, was wohl mit dem Print-Journalismus passieren wird, war ich gerade in Hawaii in den Ferien. Dort sah ich die ersten Leute mit Tablets am Strand. Ich fand das sehr befremdend. Denn in der Sonne kann man das Geschriebene auf dem Bildschirm nicht lesen, und womöglich schmiert man noch Sonnenöl drauf. Business-technisch gesehen ist die Schweiz vor Italien, Japan und Deutschland unser wichtigster Anzeigenmarkt. Deshalb ist es auch sinnvoll, hier präsenter zu sein. Online werden ja mittlerweile alle Werbeflächen von Facebook aufgekauft.

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«Monocle» hat auf Instagram zwar einen Account mit mehr als 14'ooo Followern, postet aber keine Inhalte. Ist Social Media für Sie nicht interessant?

Nein. Unser Nicht-Partizipieren in diesem Zirkus ist eine Grundsatzentscheidung. Als Verleger will ich grosse Player wie Facebook nicht unterstützen. Social Media zerstört ausserdem die Demokratie. Die Leute werden immer intoleranter gegenüber anderen Meinungen.

Welche Magazine haben Sie abonniert?

«The Economist» und «The New Yorker» erhalte ich monatlich. Visuell ansprechend finde ich zudem die deutsche und die spanische «Architectural Digest», das «Hochparterre» oder das japanische Magazin «Brutus».

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Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?

Emmanuel Macrons Buch «Revolution: Wir kämpfen für Frankreich». Ich war auf dem Weg nach Paris, um mich mit Macrons Team zu treffen, und wollte mich vorbereiten. Es war also mehr Hausarbeit als süffige Gute-Nacht-Literatur.

Nebst Ihrer Arbeit für «Monocle» führen Sie die Designagentur Winkreative, die zurzeit gerade die Frontseite der «NZZ am Sonntag» umgestaltet hat. Welchem Schweizer Gebäude würden Sie gerne ein Facelift verpassen?

Dem Orell-Füssli-Buchladen. Ich würde zuallererst den Starbucks rausschmeissen, ihn mit originellen Möbeln ausstatten und 24 Stunden 7 Tage in der Woche zugänglich machen. Der Coop City ist auch ein kleines Sorgenkind. Ich mag die demokratische Idee dahinter. Aber sollte dieses Geschäft nicht der beste und schönste Ort sein, um Schweizer Qualitätsprodukte zu kaufen?

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FAQs

Who owns Monocle? ›

Monocle is a global affairs and lifestyle magazine, 24-hour radio station, website, retailer and media brand, produced by Winkreative Ltd. It was founded by Tyler Brûlé, a Canadian entrepreneur, Financial Times columnist, and founder of Wallpaper* magazine.

Does Monocle magazine still exist? ›

Today, Monocle is published 10 times a year out of our HQs at Midori House and Dufourstrasse 90 in Zürich, and we now sell more than 80,000 copies per issue and have 24,000 subscribers and growing.

Does Monocle make money? ›

If you cut to the core of what we do and you look at the numbers, the magazine is still driven by advertising and largely driven by print. After plugging away at the podcast for eight or nine years, that's really starting to pay this year and become a profitable business – but it's still an advertising model.

Why is monocle popular? ›

Often the frameless monocle had no cord and would be worn freely. This style was popular at the beginning of the 20th century as the lens could be cut to fit any shape eye orbit inexpensively, without the cost of a customized frame. If customized, monocles can be worn securely with little effort.

Who is the CEO of monocle? ›

David Buckham, CEO of Monocle Solutions, explains what it is that Monocle does and how we help our banking and insurance clients bridge the divide between business stakeholders' needs and the complex systems, processes and data that sit under the hood.

What actor wore a monocle? ›

Emney junior grew up in London and was educated at Cranleigh School. He made his film debut in 1935, having previously worked in music hall. He became a familiar figure to screen audiences, usually playing the "posh fat bloke", usually gruff and invariably wearing a monocle.

How do monocle glasses stay on? ›

An eye monocle is held in place by the muscles surrounding the wearer's eye and is commonly attached to their clothing by a chain or string.

What are the benefits of a monocle? ›

Any ensemble can benefit from its refined touch, and it can draw attention wherever it is worn. But the monocle serves more than simply as a fashionable adornment; it also has a functional purpose. A monocle can be a helpful accessory for people who need reading glasses or who only have vision in one eye.

Where does Tyler Brûlé live? ›

He currently resides in Zürich, Switzerland, where one of Monocle's main bureaux is located, despite Monocle's head office in London.

Where did monocle glasses originate? ›

Monocles first made their appearance in the UK in the late 1830's. It was at this time that the monocle gained popularity, especially among the middle and upper middle classes. While the 1830's was quite a recent period, the monocle has roots tracing back well into the early 1700s.

Who made the monocle? ›

First developed in Germany during the 1700s, and originally called an eye ring, the monocle soon spread to Austria thanks to an enterprising young optics student named J. F. Voigtlander, who started making them in Vienna around 1814.

Who is the owner of the Wallpaper magazine? ›

The magazine was launched in London in 1996 by Canadian journalist Tyler Brûlé and Austrian journalist Alexander Geringer. It is now owned by Future plc after its acquisition of TI Media.

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Author: Prof. Nancy Dach

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